Talking To Turtles

Fotocredit: Stella Weiss

Talking to Turtles schlendern nach neun Jahren Release-Pause einfach so aus dem Off wieder hinein in das Bild, das wir Musiklandschaft nennen. Ihr neues Album ist eine eigenwillige, wundersame Kollektion von zehn Songs über die Unvorhersehbarkeiten des Seins. Vignetten und Fenster zu den Gedanken- und Gefühlswelten verschiedener Charaktere und werden begleitet von einer Musik mit ganz eigener Wärme und organischer Textur, eben den Signaturen dieser Band. Nur: Das Duo klingt 2023 noch lässiger, textet noch verspielter und erzählt dabei noch tiefer und vielschichtiger als bisher.

Claudia Sievers & Florian Sievers umgibt ein auffälliger Charme. Es ist etwas Eigenes an ihrer Art, wie sie seit 15 Jahren mit ihrem Publikum kommunizieren. Jetzt scheint es ihnen gelungen zu sein, diese Haltung zu sich und der Welt dem neuen Album als hörbare Geste einzuschreiben: Dieses Album propagiert den Austausch, die Annäherung, die Einladung.

Es schimmert eine Gelassenheit durch die weiche Schale von ‘And What’s On Your Mind’. Vom ersten Song ‘I’m A Pretender’, bis zum letzten ‘Junior 3rd’ sind Textzeilen in Melodien gegossen, die aus dem Ärmel geschüttelt schöner nicht sein könnten. Die Songs sind konsequent zweistimmig gesungen, niemand drängt sich in den Vordergrund. Die Gitarren und das Rhodes, mal lässig rhythmisch, mal elegant zerlegt, verschmelzen mit filigranen Soundcollagen, Holzbläsern und klug eingesetzten Drums und Percussions. Das ist ein Teil der Talking To Turtles Magie; ihre Musik hat eine Unbedarftheit an sich, die zusammen mit einer handwerklichen Tiefe einen unwiderstehlichen Kontrast formuliert.

Die gewohnt introspektiven Texte haben in 2023 einen noch bewussteren Blick gewonnen, für die Welt, die sie umgibt und die Menschen darin. Die komischen Wege, die der Austausch zwischen uns nehmen kann. Die Ebbe und Flut von An- und Entspannung. Erzählt mit einer Art vertrauensvoller Distanz der teilnehmenden Beobachterin.

Hören wir ‘And What’s On Your Mind’ denken wir auch an Indie-Klassiker aus den späten 90ern und frühen 2000ern. Yo la Tengo. Belle and Sebastian. Built to Spill. Womöglich auch Elliott Smith. Diesen herrlich unprätentiösen Zugang besagter Künstler:Innen haben die beiden inhaliert und in die Gegenwart mitgenommen. Anders gesagt: Wenn diese Genres eine echte Renaissance feiern, dann sind Talking to Turtles sicher nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung.