Fotocredit: Sherya Dev Dube
Das Wort "transformativ" ist vielleicht nicht eindringlich genug, um die vielseitig kreative Künstlerin Arooj Aftab hinreichend zu beschreiben. Verwurzelt in einer Konstellation von unüberwindbaren Grenzen und eleganten Verweigerungen bewegt sie sich geschmeidig gegen das Gewicht von Zeit und Konventionen, ehrt mehrere Traditionen, während sie sich von keiner davon allein vereinnahmen lässt. Die Künstlerin entzieht sich einer kategorischen Festlegung durch ein umfangreiches Repertoire an Studium und Wissen, das Techniken der Musikproduktion und Aufnahmetechnik sowie eine weitreichende Gesangsausübung umfasst, die sich mit raffinierter Absicht in den Welten des Jazz, der klassischen südasiatischen Musik, von Pop und Blues bewegt. Mit und aus diesen lebendigen, quecksilbrigen Formen arbeitet Aftab an der Gestaltung von etwas, das sie voller Bewunderung als "globale Seele" bezeichnet. Sie ist dessen gelehrte Schreiberin und dunkle Chanteuse, die das Publikum in aller Welt erfolgreich davon überzeugt, dass Genrefestlegungen eine Lüge sind, dass man ihr selber aber glauben sollte.
Das ganze Ausmaß von Arooj Aftabs musikalischem Erbe zeigt sich in ihren beiden jüngsten Alben: dem grammynominierten "Meisterkurs des Raumklangs" Love in Exile (Verve, 2023), das sie gemeinsam mit Vijay Iyer und Shahzad Ismaily geschaffen hat, sowie ihrem vierten Soloprojekt, dem glühenden Night Reign (Verve, 2024). Beide Werke sind Spektakel ihres Könnens, und Aftab hütet all ihre geschmeidigen Elemente zärtlich und gekonnt wie unbezahlbare Erbstücke. Ihre Vorbilder, von Sufi-Poeten bis hin zu ikonischen Jazz-Sängern, haben ihr bewiesen, dass "es keine Blaupause für das gab, was ich tun wollte", und es ist ihre Bereitschaft zum Risiko und zur Nonkonformität, die Aftab ihren Platz an der Spitze der kreativen Musikszene eingebracht hat. Seit 2021 hat sie bei bedeutenden Konzerten und international renommierten Festivals wie dem Newport Jazz Festival, Coachella, Roskilde Festival, Montreal Jazz Festival, Glastonbury und zweimal bei der Tiny Desk Series von NPR mitreißende Auftritte hingelegt und wurde von der New York Times, Pitchfork, Rolling Stone und dem Time Magazine gefeiert; Arooj Aftab wurde mit einem Grammy für "Mohabbat" in der Kategorie "Best Global Music Performance" und einer Nominierung als "Best New Artist" für ihr herausragendes drittes Album "Vulture Prince" (Verve/New Amsterdam, 2021) ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie zwei Nominierungen für "Love in Exile" und wurde 2023 als United States Artists Fellow und Empfängerin des Vilcek Prize for Creative Promise in Music ausgewählt.
Vor und hinter Aftabs vielen Auszeichnungen steht das Instrument selbst, ihre begehrenswerte Stimme, die sie selber als eine Alchemie von "Verdrängung, Neuerfindung, Exil, Chaos, Feminismus und dem verrückten Gewebe von Liebe, Verlust und Tragödie in der Welt" beschreibt. Die Ruhe in ihrer Stimme ist nicht Trost oder Zustimmung, sondern eine beharrliche und erwartungsvolle Intensität, die die Texte in unzählige Leben in ebenso vielen Ländern einbrennt. Arooj Aftab war selbst Gegenstand verschiedener Migrationen und verbrachte ihre Jugendjahre in Lahore, Pakistan, einer Stadt mit vielen Gärten und zugleich der Geburtsort ihrer musikbegeisterten Eltern. Ihr virales Cover von Leonard Cohens "Hallelujah", gesungen im Alter von achtzehn Jahren, half ihr, Jazz am Berklee College of Music in Boston zu studieren, während Brooklyn, New York, ihre nächste und fruchtbarste Werkstatt für die Schaffung ihrer "weltbildenden" Musik sein sollte. Night Reign ist sowohl eine lebendige Reflexion dieser Musik als auch deren Zukunft, die in den Spuren dieser Stadt liegt. Dort arbeitet Aftab mit einigen der beeindruckendsten Musikern unserer Zeit zusammen und zieht verschiedene konzentrische Kreise der Zusammenarbeit, die ihr eine kosmische Ebene musikalischen Handwerks und Erfindungsreichtums zurückspiegeln.
Arooj Aftab verzaubert mit ihrer leidenschaftlichen Aufmerksamkeit für das Alltägliche und ihrer Fähigkeit, dessen stratosphärische Poesie unauslöschlich zu gestalten. Sie wagt es, ihre Zuneigung von der Bühne aus auszudrücken, eine zutiefst musikalische Leistung, die nicht nur zeigt, wie man das macht, sondern auch warum man das macht. Ermutigt durch ihre Unerschrockenheit und ihre exquisite Vorstellungskraft versammeln sich andere und spielen mit, um zu beweisen, dass sie genau diejenige ist, die und wo sie hingehört. "Ausnahmsweise kämpfe ich nicht", sagt sie mit der für sie typischen Offenheit. "Ich habe schon gewonnen."